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Blogger-gegen-Platter II

Unser ‘Sicher­heitsmin­is­ter’ ((Wie sich BMI Gün­ther Plat­ter in Eigen­de­f­i­n­i­tion gerne zu beze­ich­nen pflegt)) hat sich schon wieder den Unmut der Blog­gerin­nen und Blog­ger zuge­zo­gen. Dies­mal nicht im Zusam­men­hang mit sein­er bekan­nt men­schen­rechtswidri­gen Ver­wal­tung von Asy­lan­tinnen und Asy­lanten. Es ist in diesem Fall auch nicht seine gern gepflegte Prax­is pauschaler Dif­famierung und Verurteilun­gen ganz­er Bevölkerungs­grup­pen.

Es ist sein Copy&Paste-Akt, mit dem er den deutschen “Stasi2.0-Min­is­ter” Schäu­ble abkupfert und gle­ich über­flügelt. Nur an seinen Tat­en gemessen ist nicht auszuschließen, dass Gün­ther Plat­ter größere Visio­nen hat und gerne Heimatschutzmin­is­ter wäre.

Es geht um Überwachung, Online-Durch­suchung, die Spe­icherung von Dat­en auf Vor­rat, den unkon­trol­lierten Zugriff auf unsere Dat­en durch Behör­den, deren Willkür der/die Einzelne dann leicht aus­geliefert ist. Stich­wort: Abbau ver­fas­sungsrechtlich­er Schranken, die uns Bürg­er vor dem Staat schützen soll­ten und die in den let­zten 200 Jahren in gesellschaftlichen Auseinan­der­set­zun­gen Schritt für Schritt erkämpft wur­den.

Online-Demo ‘Nein zu Met­ter­nich 2.0!
Endlich! Seit am 6. Dezem­ber zu nächtlich­er Stunde eine Nov­el­lierung des Sicher­heit­spolizeige­set­zes vor­bei an allen Kon­trollen im Nation­al­rat – hand­stre­ichar­tig – beschlossen wurde, regt sich nun doch auch in Kakanien Wider­stand.

Weit­ere Links, Ver­weise, Artikel und Infor­ma­tio­nen auf diesen Seit­en. Her­zlichen Dank übri­gens.

Plat­ter: ein Funk­tionär für die Geschichts­büch­er
Gün­ther Plat­ter selb­st ist freilich nicht der Dämon, der laufend zum Wider­stand und Protest her­aus­fordert. Sog­ar die Blog­gerIn­nen. 😉

Dieser Gün­ther Plat­ter ist nicht mehr als ein Funk­tionär, aus­tauschbar. ((Wie aus­tauschbar zeigt der Blick über nationale Gren­zen. Was Plat­ter macht, haben immer schon andere vorgemacht. Schäu­ble in Deutsch­land. Sarkozy in Frankre­ich. Das Heimatschutzmin­is­teri­um in den USA. Den­noch wollen seine Bemühun­gen anerkan­nt wer­den, immer in vorder­ster Front im Reigen der selb­ster­nan­nten Sicher­heitsmin­is­ter mitzuwirken und sich als braver Funk­tionär des Kon­troll­staates möglichst her­vor zutun.)) Er ist tat­säch­lich nichts mehr als nur ein Funk­tionär. Das will er der Öffentlichkeit selb­st laufend erk­lären, wenn er so oft Sachzwänge vor seine poli­tis­chen Entschei­dun­gen vorschiebt, uns weis­machen will, er vol­lziehe nur Geset­ze.
Plat­ter ist jedoch kein Polizist mehr. ((Unter anderem daran zu merken, dass viele PolizistIn­nen von ihm abrück­en, wenn er seine His­to­rie als Gen­darm her­vor holt und um Sol­i­dar­ität aus den Rei­hen der Polizei buhlt. Damit bringt er die Exeku­tive höch­stens weit­er in Ver­ruf, so wie das hochrangige Beamte à la Horn­gach­er machen und in ihrem Job unfähige Sicher­heits­beamte, die durch Folter­prax­en auf­fall­en. Der Unter­schied zu diesen Beamten ist immer noch, dass Plat­ter kein Beamter son­dern Poli­tik­er ist. Und ver­ant­wortlich nicht nur für seine eige­nen Verge­hen son­dern poli­tisch ver­ant­wortlich für die gesamte Polizei.)) Er ist Poli­tik­er, seit 1986, wenn der Wikipedia-Artikel zum aktuellen Sicher­heitsmin­is­ter hier ein adäquates Bild wiedergibt. Als Poli­tik­er trifft er Entschei­dun­gen, hat das zu tun und muss dafür ger­ade ste­hen. Davor drückt er sich jedoch lieber und erzählt mit wein­er­lich­er Stimme, dass er nur vol­lziehe, dass er so agieren müsse, wie er agiert und über­haupt ein Sicher­heitsmin­is­ter für Öster­re­ich sein wolle und daher moralisch recht­ens Bevölkerungs­grup­pen dif­famieren darf, um nicht zu sagen muss.

Soviel muss men­sch Plat­ter allerd­ings zu geste­hen. Als Funk­tionär ist er am besten Weg dazu, sich eine her­aus­ra­gende Rolle für die Geschichts­büch­er zu erar­beit­en. Viel fehlt nicht mehr, um in ein­er Rei­he mit dem bekan­ntesten Polizei­min­is­ter öster­re­ichis­ch­er His­to­rie genan­nt zu wer­den. An diesen hat sich immer­hin Karl Kraus in einem berühmten öffentlichen Brief (Flug­blatt) gewandt.
Plat­ter hat immer­hin schon Robert Menasse zu einem offe­nen Brief ani­miert und Fran­zo­bel zu ein­er Rede und Doron Rabi­novi­ci und …

… sowie Blog­gerin­nen und Blog­ger dazu, in Öster­re­ich erst­mals(?) mit ein­er Blog-Demo zu protestieren.
Kann leicht sein, dass das nicht das let­zte mal gewe­sen sein wird. Es ist kaum zu erwarten, dass Plat­ter von seinem eingeschla­ge­nen Weg abge­hen wird, oder?

httpv://www.youtube.com/watch?v=7MAyjG7ikuU

ps: eine sehr gute Seite zum The­ma Daten­spe­icherung, das gle­ich­namige Blog. Weit­ere Links aus der Keller­a­bteil Prax­is auf del.icio.us zu Daten­schutz, Überwachung, Plat­ter etc.

3 Kommentare zu “Blogger-gegen-Platter II

  1. hans christian

    @ czz:
    Danke für den Lit.tipp.
    Ich muss in dem Zusam­men­hang immer an Canet­tis Schilderung, seine Darstel­lung der Bedeu­tung der Flug­blät­ter von Karl Kraus denken, und seinen Anstoß zu Masse & Macht.
    Nope, die Toten sind nicht vergessen, genau­so wenig wie jene in Ober­wart oder Mar­cus Omo­fu­ma. Wenn ich einen Bezug zur Zwis­chenkriegszeit her­stelle, dann nachger­ade weil es gegen das Vergessen Ver­drän­gen Muse­al­isieren ‘erledigte Able­gen’ dieser Erin­nerung geht.

    @ Rokker­Mur:
    da hast du wahrlich recht. Per­vers. Die Kom­mentare bzw. der Fight in Kom­mentare, wie diese Videos und Lieder etc. zu bew­erten seien. Und tat­säch­lich dominieren die per­versen, Hitler anhim­mel­nden Aus­sagen in den Kom­mentaren. Krank.

    Antworten
  2. czz

    Johann Schober , der die Auf­stände rund um den Brand des Wiener Jus­tiz­palastes bru­tal nieder kartätschte : Hm , eine inter­es­sante Option … allerd­ings sollte man der 89 Todes­opfer unter den Demon­stran­ten nicht vergessen . Eine sen­sa­tionell detail­ge­naue und nachger­ade aufre­gende Darstel­lung , siehe bei Lust Mus­ner & Wolf­gang Maderthaner : Der Auf­s­tand der Massen — Phänomen & Diskurs im Wien der Zwis­chenkriegszeit ( in: Stadt — Masse — Raum , hg. von Maderthaner , Mat­tl , Mus­ner , turia & kant 2001 ).
    Bleibt noch Karl Kraus’ SCHOBERLIED ( zu sin­gen nach der Melodei “üb’ immer Treu und Redlichkeit’ ) :

    Ja das ist meine Pflicht,
    bitte sehn S’ denn das nicht.
    Das wär’ so a G’schicht,
    tat’ ich nicht meine Pflicht.
    Auf die Ord­nung erpicht,
    bin ich treu mein­er Pflicht.
    Wenn ein Umsturz in Sicht,
    ich erfüll’ meine Pflicht.
    Die Ele­mente ver­nicht’
    ich bezüglich der Pflicht.
    Doch wenn ein­er ein­bricht,
    hätt’ ich auch eine Pflicht.
    Nur erwisch’ ich ihn nicht,
    wie es wär’ meine Pflicht.
    Da genügt ein Bericht
    hin­sichtlich der Pflicht.
    Der ist schon ein Gedicht,
    das nur han­delt von Pflicht.
    Denn stets Wert und Gewicht
    leg’ ich nur auf die Pflicht.

    In Gemäßheit der Pflicht
    hab’ ich’s manchem schon g’richt’
    An’s Licht, hinter’s Licht
    führ’ ich alles nach Pflicht.
    Man glaubt mir aufs G’sicht,
    da is nix drin als Pflicht.
    Schon mein Auge besticht,
    denn es spricht nur von Pflicht.
    Und mein Herz ist so schlicht
    und schlagt nur nach der Pflicht.
    Das Geschwor­nen­gericht
    hat ver­let­zt seine Pflicht.
    Wenn’s Ver­schworne freis­pricht,
    ja wo bleibt da die Pflicht.
    Daß ich aufs Amt nicht verzicht’,
    das gebi­etet die Pflicht.
    Wohl wagt’s manch­er Wicht
    und verken­nt meine Pflicht.
    Doch vors G’richt geh’ ich nicht,
    das ist nicht meine Pflicht.

    Antworten

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