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1. Mai — die traditionelle Folklore

the tra­di­tion­al ways turned sour long ago

… und was lange Zeit der wichtig­ste Feiertag des Jahres war, das ist schon lange nur mehr Folk­lore und Farce. Und war doch früher so viel mehr.

httpv://de.youtube.com/watch?v=yiE1x4RzynY

Fes­tiv­itäten: wichtige kollek­tive Rit­uale
Seit jeher erfüllen Feste und qua­si heilige Rit­uale bedeu­tende Funk­tio­nen für Gesellschaften. Um die “Feier-tage” und ihre Rit­uale herum organ­isiert sich das Kul­turelle Gedächt­nis, die kollek­tive Def­i­n­i­tion der Gruppe, der Grup­peniden­tität, die gemein­same Inter­pre­ta­tion von Welt und Wirk­lichkeit.

Feste sind Sinn stif­tend und Iden­tität stif­tend. Natür­lich geht es nicht um indi­vidu­ellen Sinn und nicht zuerst um indi­vidu­elle Iden­tität, son­dern um den geteil­ten (früher hat­te man gesagt “kollek­tiv­en”) Sinn. Die inner­halb ein­er Gruppe mehr oder min­der verbindlich geteilte Sin­nin­ter­pre­ta­tion; was ist das für eine Welt, was hält sie zusam­men, wer sind wir und was verbindet uns. Das wird in Fes­ten und Feierta­gen her­auf­beschworen, daran wird kollek­tiv erin­nert, rit­u­al­isiert in Erin­nerung gerufen.
Siehe schon die antiken Stadt­staat­en und Völk­er, siehe Reli­gion­s­ge­mein­schaften bis heute zu dem, was wir Sek­ten nen­nen, siehe poli­tis­che Ein­heit­en und Natio­nen, siehe Zün­fte, Stände und Klassen, siehe let­ztlich auch Fam­i­lien.

Die Aus­drucks­for­men des Kul­turellen Gedächt­niss­es sind freilich divers. Die kul­turelle Gram­matik drückt sich in vielfältig­sten Prax­en aus, von den verbindlichen heili­gen Rit­ualen für ein ganzes großes Kollek­tiv bis hin zu den indi­vid­u­al­isierten Spielfor­men von Unter­grup­pen und einzel­nen.

Das Über­dauern der Erin­nerung
Mit einem Prob­lem muss jede Kul­tur, jede Gesellschaft, jed­er Grup­pen­ver­band umge­hen: dem Raum-Zeit-Prob­lem.
Die men­schliche Lebenspanne ist kurz, der Aktion­sra­dius eines Men­schen beschränkt. Das, was wir unsere oder deren “Kul­tur” nen­nen, das geht weit über men­schliche Lebenss­pan­nen hin­aus und verbindet meist auch hin­aus­ge­hend über die räum­lichen Aktion­sra­di­en einzel­ner Men­schen.

Die Erfind­ung der Schrift, später des Buch­drucks, dann der elek­tro­n­is­chen Massen­me­di­en, das alles hat dem Fest und dem kollek­tiv­en Feiertag als einem bedeu­tende Rit­u­al des Kul­turellen Gedächt­niss­es keinen Abbruch getan. Nur die Bedeu­tung etwas geschmälert.

Der Tag der Arbeit
Der Tag der Arbeit. Der inter­na­tionale Tag der Arbeit war ein Fest­tag der großen Masse der Lohn­ab­hängi­gen; der arbei­t­en­den, weil zum über­leben arbeit­en müssenden Men­schen.
Seine Bedeu­tung kann kaum groß genug eingeschätzt wer­den. Ein Feiertag nicht der herrschen­den Reli­gion oder der herrschen­den Fam­i­lie oder der herrschen­den Volks- oder Nations­de­f­i­n­i­tion. Son­dern ein Feiertag aller arbeit­en müssenden Men­schen.

Und insoferne ist er zur Folk­lore, zum hohlen Herrschaft­sritu­al verkom­men. Es ist ein Fest — zumin­d­est in Öster­re­ich — nur mehr des Appa­rates.
Vorder­gründig ein Beschwören der Sozialdemokratie und ihrer Geschichte. In Wirk­lichkeit ein Ein­schwören auf die SPÖ. Ein­er SPÖ, der seit läng­ster Zeit Zer­e­monien­meis­ter vor­sitzen, die die Masse der Lohn­ab­hängi­gen nicht vertreten und schlim­mer noch, schon lange nicht mehr vertreten wollen. Ein Ein­schwören auf die “Führer der Sozialdemokratie” um der Erin­nerung willen.

Die Zer­störung des Sinns
Nur kon­se­quent, dass die Massen der arbeit­en müssenden Men­schen mit dieser Ausle­gung des Feiertages nicht viel bis gar nichts anfan­gen kön­nen.

Manche, die das Erin­nern an den früheren Sinn für sich indi­vidu­ell noch so hoch schätzen, dass sie über die zwang­hafte Beschwörung des Appa­rats hin­wegse­hen und trotz­dem feiern.
Manche, die den Appa­rat immer noch feiern, vielle­icht unzufrieden, aber treu daran fes­thal­ten, dass diese SPÖ (man kann hier freilich irgen­deine sozialdemokratis­che Partei ein­set­zen) die einzig zukun­ftsver­sprechende Kraft für die Lohn­ab­hängi­gen ist.

Wie ich damit umge­he? ((Ich schreib aus der Laune her­aus, am Vor­mit­tag des 1. Mai plöt­zlich so einen Ein­trag. *Achselzuck­en*)) Ich sag May­Day May­Day.
Das macht mehr Sinn.

2 Antworten auf „1. Mai — die traditionelle Folklore“

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