Arig­o­na: Sozialdemokratie auf Tauch­sta­tion

Robert Menasse hat es auf den Punkt gebracht: Der Rechtsstaat ist nur so gut wie die Geset­ze, die in seinem Rah­men vol­l­zo­gen wer­den. Und er the­ma­tisiert damit nichts weniger als die Grund­frage der Recht­sphiloso­phie: Was ist Recht?

Für die Recht­sprechung stellt sich diese Frage nicht. Sie ist abschließend beant­wortet. Im recht­spos­i­tivis­tis­chen Sinne ist “ihr” Rech, die Summe der gel­tenden Recht­snor­men, die zu vol­lziehen sind. Das ist auch gut so und nicht zufäl­lig ein Grund­baustein der Ver­fas­sung. Daher ist es auch nicht weit­er zweck­mäßig, die VfGH-Entschei­dung in Frage zu stellen. Tut auch nie­mand, selb­st wenn ein HC Stra­che genau das gegenüber Menasse insinuiert.

Aber was ist mit der Poli­tik? Gus­tav Rad­bruch, ein­er der bedeu­tend­sten deutschen Recht­sphilosophen und Reich­sjus­tizmin­is­ter der Weimar­er Repub­lik, for­mulierte bere­its vor etwa einem Jahrhun­dert:

Geset­ze, die grundle­gen­den Forderun­gen der Gerechtigkeit nicht entsprechen, sind nicht gel­tendes Recht son­dern geset­zlich­es Unrecht.

Einige Jahre später sollte der Welt die Gültigkeit dieses Grund­satzes drastisch vor Augen geführt wer­den.

Und heute? Der Bun­deskan­zler und Vor­sitzende der Sozialdemokratis­chen Partei bemerkt in einem Kom­men­tar zum Fall Arig­o­na, dass die Entschei­dun­gen der Höch­st­gerichte zu respek­tieren seien. Man mag ihm zugute hal­ten, dass diese Fest­stel­lung angesichts der Kärnt­ner Zustände keine Selb­stver­ständlichkeit ist. Aber für die Gal­lions­fig­ur der Sozialdemokratie und der größten Partei im Lande greift das Kon­sta­tieren ver­fas­sungsrechtlich­er Gegeben­heit­en doch sehr kurz.

Und auch wenn nach Fay­mann post­wen­dend Hund­stor­fer und Bures, Stöger und Dara­bos ihrem Bedauern über den Aus­gang im Falle Zogaj Aus­druck ver­liehen, und auch wenn der oberöster­re­ichis­che Lan­desparteivor­sitzende Ack­erl zur gestri­gen Kundge­bung aufrief und auch wenn sich unter Organ­isatoren ein Wiener Land­tagsab­ge­ord­neter der Sozialdemokratie befand, muss sich die SPÖ die Frage wohl gefall­en lassen, wann sie endlich Farbe beken­nt und das Prob­lem dort zu lösen begin­nt, wo es einzig zu lösen ist. Näm­lich bei der Schaf­fung ein­er Asylge­set­zge­bung die mit den Men­schen­recht­en in Ein­klang ste­ht und die unserem Wohl­stand und unseren his­torischen Hypotheken gerecht wird.

Kurzum: Eine Asylge­set­zge­bung, für die man sich als Sozialdemokrat nicht zu schä­men braucht.